Heiße Sounds, cooler Preis - der Crate GT 65

ein Test von Hansi Tietgen

In einer Zeit in der der (T)Euro immer neue Löcher in das Budget des "gemeinen" Ottonormal-Verbrauchers reißt und sogar Produkte des täglich Bedarfs mehr und mehr zu Luxus-Gütern mutieren, beweisen einige renommierte Musikinstrumenten-Hersteller das es auch anders gehen kann. So zum Bespiel Crate: Mit der neuen, in China gefertigten GT Serie präsentiert die bekannte U.S. Ampschmiede eine Amp-Kollektion die mit einer Ausstattung aufwarten kann, die man von Verstärkern dieser Preisklasse ganz sicher nicht erwarten würde. Im interaktiven PG-Gearcheck hat sich das Planet Guitar Team den GT65 , einen 65 Watt starken, 3-kanaligen Combo-Amp zu Gemüte geführt und "nachgehört" ob der kompakte Verstärker auch das hält, was sein guter Name verspricht.

Das GT Konzept

Wachablösung: Nach über zehn Jahren lösen die Verstärker der brandneuen GT Serie die Amps der äußerst erfolgreichen GX Reihe ab. Genau wie bei ihren beliebten Vorgängern basieren auch die Vorstufen der neuen Amps auf der patentierten FlexWave Schaltung, mit kaskadierenden Gainstufen. Die in den GT Amps zum Einsatz kommende Ausbaustufe der Schaltung hört auf den Namen Evolution 5 und ist das Ergebnis intensiver Entwicklungsarbeit. Mit der smarten Transistorschaltung ist es Crate in jeder Amp-Generation immer besser gelungen, dass Verhalten einer in den Sättigungsbereich geratenden Röhre zu simulieren und so den Sound übersteuernder Röhrenamps nahezu "naturgetreu" nach zu stellen. Das Geheimnis der FlexWave-Schaltung ist, dass hier vor allem die ersten Harmonischen verzerrt werden, die Höhen aber relativ unbeeinflusst bleiben. Auf diese Weise konnte man die berüchtigte Transistor-Säge auf´s Alt(Metall)enteil schicken und stattdessen Amps auf Transistorbasis präsentieren, die musikalisch komprimieren und entsprechend feinfühlig auf Spielnuancen reagieren. Zusätzlich zur FlexWave Schaltung hat Crate die Amps der GT Serie mit drei hintereinander geschalteten Verstärkungsstufen ausgestattet. Gerät eine Stufe in ihre Sättigung wird sie- ähnlich wie bei aufwändigen Röhrenamps- umgehend in die nächste Stufe überführt (kaskadiert). Ein weiteres Main-Feature der GT Amps ist der sogenannte Shape-Regler. Der bereits 1985 zum Patent angemeldete Klang-Regler ist so angelegt, dass er die Funktion eines 3-bandigen EQs in einem Poti bündelt. Ein Dreh im Uhrzeigersinn hebt die Bässe und Höhen an und senkt zeitgleich die Mittenanteile. Dreht man den Regler entgegen den Uhrzeigersinn werden die Höhen- und Bass-Anteile abgesenkt und die Mitten betont. Aber das ist noch nicht alles. Parallel zu den beschriebenen Justierungen verändert sich der Frequenzansatzpunkt des Mittenreglers, eine Maßnahme, die einen massiven Einfluß auf den Sound des Amps hat und den Shape-Regler zu einem äußerst effektiven Tool werden lässt. Kommen wir zur Endstufe, einem weiteren entscheidenden Faktor innerhalb der Signalverarbeitung. Die in den GT Amps eingesetzten Low Damping Endstufen verfügen über eine geringe Gegenkopplung und reagieren deshalb sehr direkt und dynamisch auf die sich während des Spiels verändernden Impedanz-Werte (Lautsprecherlast) der angeklemmten Speaker. Auf diese Weise ist es möglich die typischen Reaktionen eines Vollröhrenamps nachzustellen und einen Transitor-Amp annähernd mit der Dynamik und dem Spielgefühl zu versorgen das Gitarristen an Röhrenamps so überaus schätzen.

Der GT 65

In seiner Konzeption folgt der neue Crate GT 65 dem klassischen Combo-Design. Elektronik-Chassis und 1 x12" Speaker finden in einem kompakten, hinten offenen Gehäuse aus robustem MDF Platz. Die Ecken des GT 65 werden durch stabile Kunststoff-Beschläge geschützt, die Kanten sind verrundet. In Sachen Oberflächenversiegelung setzt Crate beim GT auf strukturiertes, strapazierfähiges Kunstleder (Tolex), das die Kontouren und Rundungen des Gehäuses sehr sauber umschließt. Der 12" Crate Custom Speaker "versteckt" sich hinter einer Bespannung aus schwarzem Nylon-Gewebe. Eine schwarze, fünf Zentimeter breite Kunststoff- Leiste, in deren Zentrum eine "Plakette" mit silbernem Crate-Schriftzug aufgeschraubt wurde, grenzt den Speaker-Bereich vom modern gestylten Bedien-Panel ab . Transportiert wird der Amp mit Hilfe eines robusten Griffs auf der Oberseite. Einmal abgestellt ruht er sanft, soft und sicher auf vier saftigen Gummi-Füßen.

Schalten und Regeln- Die Details

Der GT 65 ist ein Dreikanaler und entsprechend präsentiert sich auch das Bedienpanel des Amps. Sauber den einzelnen Kanälen zugeordnet, warten die Regler darauf das es endlich losgeht. Das Design der schwarzen Knobs, mit einer durchgezogenen weißen Linie zur optimalen optischen Kontrolle der gerade gewählten Einstellung, sorgt dafür, dass man auch auf dunklen Bühnen nicht den Überblick verliert. Ganz rechts auf dem Panel finden ein beleuchteter Ein-, Aus-Schalter, die CD In Cinch-Anschlussbuchsen, sowie der Regler für den integrierten Federhall Platz. Über einen an die CD In Buchsen angeschlossenen CD-Player (Tape-Deck, Mp3 Player etc.) lassen sich ohne Aufwand Play-Along Trax einspeisen. Ein hier angeklemmter Drum-Computer kann das tägliche Training in rhythmisch korrekte Bahnen lenken.

Kommen wir zum Clean-Kanal des GT 65. Als nahezu vollwertiger 3-Kanaler bietet der Amp für jede der drei angebotenen Sektionen ein komplett autarkes Lautstärken-, und Klangmanagement. Für den Clean-Kanal stehen ein Volume-Regler sowie eine 3-bandige Klangregelung zur Verfügung (Bass, Mid, Treble). Scharfgeschaltet wird der Kanalzug über den Clean/Solo/Rhythm Switch (grüne LED leuchtet), mit dessen Hilfe auch der Rhythm-Channel des Amps aktiviert wird. Und auch dieser bietet, neben einer 3-bandigen Klangregelung (Bass, Mid, Treble), einen autark arbeitenden Lautstärke-Regler, sowie einen Gain-Regler zur Anpassung der gelieferten Zerrintensität. Bleibt uns noch der dritte Kanal. Auch die gainstarke Solo-Sektion kommt mit einem Level-Regler zur Anpassung der Gesamtlautstärke und einem Gain-Regler zur "Überwachung" der Distortion-Intensität. Auf eine eigene Klangregelung hat Crate hier verzichtet. Feinjustierungen finden über den 3-Band EQ des zweiten Kanals statt. Um dennoch sicher zu stellen, dass sich die Sounds der beiden Kanalzüge individuell anpassen lassen, haben die Crate-Ingenieure beim Solo-Kanal des GT 65 auf die Vorzüge eines bewährten All-In-One Wunders gesetzt - des patentierten Shape-Reglers . Wie eben schon erwähnt hebt das Drehen im Uhrzeigersinn die Bässe und Höhen an und senkt zeitgleich die Mittenanteile. Entgegen den Uhrzeigersinn gedreht werden die Höhen- und Bass-Anteile abgesenkt und die Mitten betont. Parallel dazu verändert sich der Frequenzansatzpunkt des Mittenreglers permanent. Der Regler ist in seiner Wirkung optimal auf sein Einsatzgebiet abgestimmt und so ist es- trotz der Jobteilung der Klangreglung - problemlos möglich, den Sound des zweiten Kanal mit Hilfe des 3-Band EQs so einzustellen wie man ihn braucht - ohne dabei Kompromisse im Lead-Sound in Kauf nehmen zu müssen (siehe auch Praxis).

Die Rückseite

Auf der Rückseite des Elektronik-Chassis findet man die Buchsen für den Anschluss einer externen Box, die Fußschalteranschlüsse zur Fernbedienung des Reverbs (Ein/Aus) und der Kanalumschaltung, sowie die Insert-Buchse zum Einschleifen eines externen Effektgeräts mit Hilfe eines Stereo to Mono Y-Kabels.

Die Praxis

Den "Live-Check" des GT 65 starten wir mit dem Clean-Kanal in Kombination mit einer Epiphone Boneyard Les Paul. Wow, ganz schön laut die 65 Watt des Amps. Lautstärkenprobleme innerhalb des Bandgefüges dürfte es mit dem Clean-Kanal des Amps also schon mal nicht geben - selbst bei fast voll aufgezogenem Volume-Regler bleibt der Sound clean. Auch "mechanisch" ist alles o.K.- trotz gnadenloser Lautstärke versalzt kein Rappeln oder Schnarren die Sound-Suppe. Die Klangregelung arbeitet sehr effektiv und unterstützt das Anpassen der Amp-Performance an die Bedürfnisse der unterschiedlichsten Stilistiken. Je nach Einstellung ist der gelieferte Sound satt und voll, perkussiv und funky, oder schneidend brillant. Somit sind richtig authentische warme Jazz-Sounds genauso wenig ein Problem, wie coole Funk-, oder Blues-Sounds. Siehe unser cleanes Soundbeispiel.

Auch der verwendete Crate Custom 12" Speaker macht einen guten Job und setzt das gesamte Frequenzspektrum souverän an die Luft. Ein Druck auf den Solo-Rhythm/Clean Select Schalter aktiviert den Rhythm-Kanal des Amps - den Spezialisten für mäßig verzerrte Crunch-Sounds. Schon im ersten Viertel des Regelwegs liefert der Amp einen kräftig verzerrten Crunch und damit die ideale Basis für coole AC/DC-style Riffs (siehe PG Gear Check) und -bei entsprechender Anpassung mit Hilfe des 3-Kanaligen EQs- warme Blues-Sounds. Die in diesem Gain-Setting erreichbare Endlautstärke ist vollkommen ausreichend um auch im Bandgefüge, oder "On Stage" zu bestehen. Das Steigern des Gain-Levels lässt den Sound immer dichter und strammer werden und so sind im letzten Viertel des Regelwegs selbst sahnige Leads kein Thema mehr. Um dem von "Natur" aus recht crispen Grund-Sound des Kanals (typisch Crunch eben) beim Solieren die nötigen "Rundungen" zu verleihen, sollte man den Höhen-Regler allerdings mit dem nötigen Fingerspitzen-Gefühl bedienen und -parallel dazu- die Mitten-, und Bässe betonen.

Der Solo-Kanal macht gaintechnisch da weiter, wo der Rhythm-Channel aufhört und versorgt bereits im niedrigen Gain-Level mit amtlichen Distortion-Sounds. Obwohl sich der Kanal die Klangregelung mit dem Crunch-Channel teilt, braucht man sich über eine eingeschränkte Justierbarkeit der Sounds keine Gedanken zu machen. Tatsächlich ist es möglich den gewünschten Crunch-Sound (2.Kanal) über den 3-Band EQ "einzuwählen", ohne Kompromisse im Lead-Sound hinnehmen zu müssen. Dank des optimal auf sein Einsatzgebiet abgestimmten Shape-Reglers sind auch im dritten Amp-Kanal alle gängigen Sounds realisierbar - und mit ein wenig Erfahrung im Umgang mit den beiden Klangregelungen wird man einen separaten 3-Band EQ im HiGain Channel nicht mehr vermissen.

Metal-Headz werden vom Sound des Kanals begeistert sein. Das Aufdrehen des Shape-Reglers reduziert die Mitten, bei zeitgleicher Anhebung der Bässe und Höhen und sorgt so für einen ultragemeinen Scoop-Sound, der untenrum richtig schiebt und sich bestens durchzusetzen weiß. Obwohl diese Art Sounds, gerade bei höheren Lautstärken, höchste Ansprüche an die verwendeten Speaker stellen macht der 12 Zöller des GT 65 einen richtig guten Job. Mitunter fragt man sich wo die Bässe herkommen, die einem der kompakte Amp in dieser Einstellung um die Ohren haut. Mal schauen wie es mit wärmeren, mittigeren Lead-Sounds aussieht. Schnell den Shape-Regler in die Region vor "12 Uhr" gedreht und schon füllt sich der gelieferte Sound im Mittenbereich merklich auf, klingt wärmer und verliert viel von seiner Rauheit. Das Gain des Amps reicht aus um in jeder Lead-Disziplin zu überzeugen - lange Legato-Lines mag der GT 65 ganz besonders gerne. Da der Amp sehr direkt und ehrlich klingt, müssen Picking-Passagen - ähnlich wie bei Marshall-Amps auch- akkurat und präzise ausgeführt werden, um amtlich rüber zu kommen - aber das ist ja normal.

Fazit

Mit dem neuen GT 65 präsentiert Crate einen Combo-Amp der in unserer Bewertung nicht nur wegen seines hervorragenden Preis/Leistungsverhältnis punkten kann. Der 3-Kanaler überzeugt mit einer amtlichen Soundbasis und einer Ausstattung, die keine Wünsche offen lässt. Dank seiner Flexibilität und dem für jeden Kanal (nahezu) komplett autarken Klang-, und Lautstärkenmanagement, findet der kompakte Amp in jeder Stilistik ein Zuhause. Dabei reichen die 65 Watt und der gelieferte Druck vollkommen aus um sowohl im Proberaum, als auch auf der Bühne souverän bestehen zu können. Sein extrem cooler Preis macht den GT 65 zum idealen Amp für ambitionierte Einsteiger. Dank seiner richtig guten Performace und einer üppigen Ausstattung werden aber auch erfahrene Musiker, die nach einem universell einsetzbaren Zweit-, bzw. Übungsamp suchen, bestens bedient.

Specs

  • Hersteller: Crate
  • Modell: Crate GT 65
  • Typ: Transistor Gitarrencombo mit integriertem Federhall
  • Ausgangsleistung: 65 Watt RMS
  • Lautsprecher: 12" Custom Design 8 Ohm
  • Kanäle: 3 Kanäle mit seperater Volume- und Klangregelung
  • Eingänge: Input (git), CD Input,Insert (für separates Effektgerät),
    Fußschalter Channel Select und Reverb
  • Ausgänge: External Speaker Out, Insert (für separates Effektgerät)
  • Effekte: Federhall
  • Regler: Reverb, Solo Kanal: Gain, Shape, Level, Rhythm/Solo Kanal: Gain, Low,Mid,High,Level, Clean: Volume, Low,Mid High,
  • Schalter: Ein/Aus, Solo/Rhythm Switch, Solo/Rhythm/Clean Switch
  • Specials: CD Input
  • Abmessungen: 495mm (B) x 435mm (H, inkl. Füße) x 235 (T)
  • Preis: € 349 (uvp)

Planet Guitar Home
Zum PG - Forum
Test Archiv
© 2004 Planet Guitar