Interview mit Jeff Beck

von Hansi Tietgen

?PG: Dein neues Album You Had It Coming ist eine konsequente Weiterentwicklung des mit deiner letzten Veröffentlichung Who Else! etablierten Konzepts, Drum Loops und Dance Grooves als Rhythmusbasis zu verwenden. Welche Story steckt hinter dieser Entwicklung?

!Jeff Beck: Der erste Song, der mich als Junge richtig beeindruckt hat, war Ain't Nothing But A Hound Dog von Elvis Presley. Neben dem Gesang, war es gerade der unbändige Groove dieser Nummer, der mich damals in seinen Bann schlug. Tatsache ist, dass mich der Song so nachhaltig beeindruckt hat, dass ich von jeher auch bei meinen eigenen Songs sehr viel Wert auf einen toughen Drum-Sound und coole Grooves gelegt habe. Das Arbeiten mit Loops und Drum-Machines ist sehr aufregend und inspiriert mich dazu,vollkommen andere Wege zu gehen, als bisher.

?PG: Welche Auswirkungen hatte der Einsatz moderner Produktionstechnik auf die Art und Weise deines Songwritings?

!Jeff Beck: Es hat sich einiges geändert. Das Album wurde im Endeffekt von drei Leuten auf die Beine gestellt. Wir arbeiteten in zwei Studios, die in benachbarten Räumen lagen. In dem einen, dem Red Room, sorgten Andy Wright (der Produzent) und ich für das Audiomaterial. Ich produzierte Riffs, Licks und Sounds. Andy legte die Loops und half mir den richtigen Weg zu finden. In dem zweiten Studio, dem Blue Room, wurden die Tracks dann von dem Programmierer Aiden Love bearbeitet. Wir haben uns sehr gut verstanden und sehr schnell den effektivsten Weg einer solchen Zusammenarbeit gefunden. Das Ganze lief in einer sehr ruhigen und kreativen Atmosphäre ab.

?PG: Mit welchem Programm habt ihr die Songs editiert.

!Jeff Beck: Wir haben mit Macs und Pro-Tools gearbeitet. Ich war von der Präzision und den kreativen Möglichkeiten des Systems absolut begeistert. Man darf keine Angst vor der technischen Entwicklung haben. Ich für meinen Teil kann sagen, dass die Technik bei einem bewussten Einsatz, ein absolut kreativer Partner sein kann.

?PG: Wie bist du auf die Idee gekommen, deine neuen Songs in einer solchen Arbeitsgemeinschaft zu entwickeln?

!Jeff Beck: Das war eher ein Zufall. Ich hatte angefangen einige Songs für ein neues Album vorzubereiten und fragte Andy, ob er nicht Interesse daran hätte, das neue Material zu produzieren. Er sagte zu und als wir mit der Arbeit begannen, bemerkten wir, dass die Songs stilistisch nicht so recht zusammenpassen wollten. Also entschlossen wir uns dazu, einmal etwas vollkommen anderes auszuprobieren. Und das ist dann dabei herausgekommen!


Ich für meinen Teil kann sagen, dass die Technik bei einem bewussten Einsatz, ein absolut kreativer Partner sein kann.

?PG: Wenn man deine Karriere verfolgt, fällt auf, dass du dir gerade was das "Plattenmachen" betrifft, sehr oft eine Auszeit gegönnt hast. Deine Fans mussten mitunter jahrelang auf ein neues Jeff Beck-Album warten. Jetzt bringst du innerhalb von nur zwei Jahren gleich zwei Alben auf den Markt. Woran liegt's?

!Jeff Beck: Ich schöpfe diese Motivation aus der Tatsache, dass ich endlich eine funktionierende Band habe. Seit meiner überaus erfolgreichen 98'er Tour, halte ich an dieser Besetzung fest. Das Line Up ist: Steve Alexander an den Drums, Randy Hope Taylor - Bass und Jennifer Batten an der zweiten Gitarre. Wenn ich jetzt Songs schreibe, machen ich das mit der angenehmen Gewissheit, dass ich sie umgehend live mit einer Band umsetzen kann, die richtig gut aufeinander eingespielt ist. Ein absolut inspirierendes Gefühl !

?PG: Wie hast du Jennifer eigentlich kennen gelernt ?

!Jeff Beck: Ich habe einmal in einem Magazin ein Interview mit Jennifer gelesen, in dem sie einige sehr nette Dinge über mich sagte. Als Michael Jackson in London gastierte, wollte ich die Chance nutzen, um sie persönlich kennen zu lernen. Jennifer hatte gerade angefangen, sich als Michaels feste Tour-Gitarristin zu etablieren. Ich glaube, das war 1986. Ich besorgte mir also Karten und fuhr zum Wembley Stadion. Als ich auf den Parkplatz fuhr, kam ein Ordner auf mich zugestürmt und erzählte mir, dass das Konzert gecancelt sei. Michael hatte eine Stimmband-Entzündung. Also mussten 80.000 Leute, mich eingeschlossen, unverrichteter Dinge den Heimweg antreten. Typisches Beck-Pech. Der zweite Anlauf verlief dann erfolgreicher. Jennifer besuchte mich während einer Aufnahme-Session im Studio. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden und hielten den Kontakt über die Jahre aufrecht. 1998 ist sie schließlich ein fester Bestandteil der Jeff Beck Group geworden. Jennifer ist nicht nur eine absolut hervorragende Gitarristin, sondern sie hat auch ein absolutes Händchen für interessante Arrangements. Für die 98'er Tour hat sie einigen alten Beck- und Yardbirds-Nummern ein neues Outfit verpasst. Ich war absolut begeistert. Auch auf You Had It Coming hat sich Jennifer mit einigen coolen Riffs verewigt. Der Opener Earthquake stammt von ihr, ein Powersong mit heftigem Odd Time-Einsatz ("krumme Takte" z.B. 6/4 oder 5/4 . Anm. der Redaktion!)

?PG: Wagen wir einmal einen Blick in die Zukunft. Wie wirst du die You Had It Coming-Songs Live On Stage umsetzen?

!Jeff Beck: (lacht !) Ich hoffte, du würdest das nicht fragen! Keine Ahnung, wir werden sehen. Am nächsten Dienstag (31.10.00) beginnen wir mit den Proben für die anstehende Tour durch Japan und die U.S.A. Eigentlich habe ich keine großen Bedenken. Die letzte Tour war ein sehr großer Erfolg und die Songs waren wesentlich komplizierter, als die You Had It Coming-Titel. Mittlerweile ist die Band ein echt eingespieltes Team. Die Album-Versionen sind für mich eine Art Eintrittskarte zu unserer Live Show. Auf You Had It Coming findest du die Teaser. On Stage gibt es die Extended Versions. Doppelt so lang und doppelt so aufregend!

?PG: Wirst du die Loops mit Sequenzern nachstellen, oder die Parts von echten Instrumente übernehmen lassen?

!Jeff Beck: Nein, auf keinen Fall Sequenzer. Wir werden alles live und echt präsentieren. Ich finde die Interaktion zwischen den Musikern sehr wichtig und möchte so viel Spontanität wie eben möglich.


Die Album-Versionen sind für mich eine Art Eintrittskarte zu unserer Life Show. Auf "You Had It Coming" findest du die Teaser. On Stage gibt es die Extended Versions. Doppelt so lang und doppelt so aufregend!

?PG: Du bist das absolute Idol für unzählige Gitarristen. Ob Slash oder Steve Lukather. Beim Namen Jeff Beck erstarren alle vor Erfurcht. Was ist das eigentlich für ein Gefühl, dass Vorbild für die erste Liga der Gitarrenzunft zu sein?

!Jeff Beck: Ich bin natürlich absolut geschmeichelt. Wenn ich mir Gitarristen wie Luke oder Jennifer Batten mit ihrer unglaublichen Spieltechnik anhöre, dann kann ich es kaum fassen, dass sie gerade mich als ihren Helden auserkoren haben. Ich finde es toll, sehe das Ganze aber sehr realistisch.

?PG: Bescheidenheit ist eine Zier. Tatsache ist aber doch, dass dein Spiel zu jeder Zeit Outstanding war. Auch auf You Had It Coming findet man das ein oder anderen Hightech-Schmankerl. Übst du eigentlich noch regelmäßig?

!Jeff Beck: Aber sicher. Weißt du, wenn ich mal einen Tag nicht gespielt habe, dann ist das okay. Wenn ich zwei Tage nicht spielen konnte, habe ich ein Problem. Am dritten Tag haben es die anderen (lacht!).

?PG: Neben deinen technischen Fähigkeiten ist es aber gerade deine Vielseitigkeit, die beeindruckt. Ich habe mir, im Zuge der Vorbereitung für dieses Interview, noch einmal dein 93'er Album Crazy Legs angehört und war sehr erstaunt, wie vortrefflich du es verstehst, dich auf die unterschiedlichsten Stilistiken einzustellen. Gibt es ein Geheimrezept, dass du unseren Lesern in dieser Hinsicht mit auf den Weg geben kannst?

!Jeff Beck: Das Crazy Legs-Album ist etwas ganz besonderes für mich. Es ist mein ganz persönliches Tribut an Gene Vincent und seinen Gitarristen Cliff Gallup. Cliff's Gitarrenspiel hat mich schon in frühster Jugend beeinflusst und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als so spielen zu können wie er. Leider konnte ich damals nicht herausfinden, welche Gitarrenmarke Cliff bevorzugte. Auf dem einzigen Bild, das ich von ihm hatte, war der Headstock seiner Axt nicht zu sehen. Erst viel später fand ich dann heraus, dass Cliff ein Gretsch-Spieler war . Und jetzt kommen wir zurück zum Thema: Nachdem der Plan, ein Gene Vincent Tribut Album zu produzieren, konkrete Formen angenommen hatte, war meine erste Tat die, mir umgehend eine Gretsch Semi Acoustic zu besorgen. Ich zog exakt die Saiten-Stärke auf, die Cliff seinerzeit verwendete und schon passierte es: Der Sound und das Spielgefühl, das mir die Gretsch vermittelte, beeinflussten meine Chops so sehr, dass ich auf ganz neue, für mich vollkommen untypische Ideen kam. Alle hatten jedoch eines gemeinsam: Sie orientierten sich in Richtung Cliff Gallup Ich denke, die Wahl des Instruments hat eine unmittelbare Auswirkung auf das, was man spielt. Stell dir mal Jimi Hendrix mit einer Gretsch oder wegen mir einer Les Paul vor. Das wäre nicht das selbe.


Wenn ich mal einen Tag nicht gespielt habe, dann ist das okay. Wenn ich zwei Tage nicht spielen konnte, habe ich ein Problem. Am dritten Tag haben es die anderen (lacht!).

?PG: Wo wir gerade schon mal beim Equipment sind. Welche Amps hast du für die You Had It Coming-Session verwendet?

!Jeff Beck: Das ist schnell beantwortet. Ich bin seit vielen Jahren ein treuer User des Marshall JCM 2000. Er liefert mir alle Sounds, die ich benötige. Der Clean-Kanal erinnert mich an alte Fender Amps. Und es bedarf lediglich eines Trittes auf die Kanalumschaltung und schon steht mir die ganze Bandbreite an High Gain Sounds zur Verfügung. Da kann man sich voll auf das wesentliche konzentrieren: Das Spielen!

?PG: In dem Song Blackbird hältst du bzw deine Gitarre ein Zwiegespräch mit einer Vogelstimme. Wie bist du eigentlich auf diese Idee gekommen ?

!Jeff Beck: Das war ganz simpel. Vor meinem Fenster hatte sich ein Vogel häuslich eingerichtet, der mir mit seinem Dauergesang zugegebenermaßen ziemlich auf die Nerven ging. So kam ich auf die Idee, dieses ungewöhnliche Duett aufzunehmen. Ich ging zu Andy und fragte ihn, ob er den Gesang meines Gastes aufnehmen könne. Er hielt das für zu aufwendig und schlug vor, eine Vogelstimme von einer seiner Archiv-CD's zu verwenden. Wir wurden schnell fündig und wählten eine Aufnahme mit dem Titel "Blackbird" aus! Das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen verrückt an, aber ich fing an, mich intensiv mit dem Gesang der Vögel auseinander zu setzen. Gerade die Amsel (eng. Blackbird) hat ein Melodie-Repertoire, das fast schon Blues Charakter besitzt. Man hört Quarten, Blue-Notes und Triller. Die Inspiration sitzt einfach so in den Bäumen (lacht!).

?PG: Ist die Aufnahme dann spontan entstanden, oder hast du dich in irgendeiner Form darauf vorbereitet?

!Jeff Beck: Ich habe wirklich trainiert. Ich fing an typische Linien und Motive herauszuarbeiten und sie auf die Gitarre zu übertragen. Und ich sag dir eines: Das war gar nicht so einfach! Ich habe sehr viel gelernt und wir hatten alle sehr viel Spaß bei der Aufnahme.

?PG: Das kann man sich lebhaft vorstellen. Vielen Dank für das ausführliche Interview und viel Erfolg bei den Proben zur anstehenden U.S.A.- und Japan-Tour.

(Das Interview wurde am 26. 10. in Köln geführt.) (3 Fotos: K. Westenberg - EPIC)

TIPP: Jeffs Album wird voraussichtlich im Januar 2001 erscheinen. Ausserdem ist eine ausgedehnte Deutschland-Tour für das kommende Frühjahr geplant. PG hält euch auf dem laufenden!

Aktuelle TV Dates Ob ViVa, MTV oder Rockpalast: Planet Guitar hat die angesagtesten TV Dates für Gitarren-Verrückte auf einen Blick
Planet Guitar Mailingliste abonnieren..
Newsletter abonnieren
Immer gut informiert, mit dem PG Newsletter
CD: Jeff Beck - Who else!
Jeff Beck CD Who Else! bestellen
CD: Jeff Beck - Crazy Legs
Jeff Beck CD Crazy Legs bestellen
Jeff Beck Site im Epic Center Tour, News, Bios und mehr. Hier erfährst du alles, was ein echter Jeff Beck Fan wissen muss!
Jeff Beck Newletter Schreib dich ein. Es lohnt sich!
www.fender.com Informationen zum Jeff Beck Signature Modell
suchen....